Pressemitteilung DHV
Protestbrief an den DHV
In den Jahren 2021 und 2022 zeichnete der DHV ausschließlich Personen, die mit der Covid19-Pandemie in engem Zusammenhang stehen, als „Hochschullehrer/Hochschullehrerin des Jahres“ aus. Die Auswahlkriterien wirken dabei intransparent. So ist bei den Geehrten oft nicht einmal ein Bezug zur Hochschullehre erkennbar.
Im Februar 2022 brachte zunächst ein Wissenschaftler in Gestalt eines offenen Briefes, der aber vom DHV nicht veröffentlicht wurde, seine Bedenken zum Ausdruck. Nach der Preisverleihung im April 2022 wurde die Kritik in einem weiteren Brief aufgenommen, unterzeichnet von 24 Wissenschaftlern, darunter diverse DHV-Mitglieder sowie andere Hochschullehrende, aus dem Kreis derer, welche die 7 Argumente gegen eine Impfpflicht entwickelt hatten. Die Veröffentlichung beider Beiträge in der Verbandszeitschrift Forschung und Lehre (F & L) wurde allerdings mit teils befremdlichen Begründungen abgelehnt.
Intransparente Auswahlkriterien
In seinem Antwortschreiben an die Gruppe der Wissenschaftler argumentiert der DHV-Präsident, dass es eine unmögliche Aufgabe sei, tatsächlich den besten unter allen deutschen Hochschullehrern zu küren. Das ist gewiss richtig; dennoch könnte der DHV unserer Meinung nach unter den Tausenden deutschen Professorinnen und Professoren durchaus eine Person finden, gegen die – anders als bei Christian Drosten – keine Vorwürfe wegen Verbreitung von Unwahrheiten über die Arbeit von Kollegen oder wegen Verleumdung und Diffamierung renommierter Experten vorliegen.
Der DHV-Präsident verweist darauf, die Kritik an Drosten sei eine freie Meinungsäusserung und ihre sachliche Richtigkeit stünde hier nicht zur Debatte. Dies ist zwar richtig, bedeutet aber in der Konsequenz, dass die wissenschaftliche Reputation praktisch irrelevant ist, und dass auch Personen, die schwerer Vergehen verdächtigt werden, Auszeichnungen erhalten können, solange sie nicht gerichtlich verurteilt sind. Dies ist befremdend angesichts dessen, dass ein Nobelpreisträger (Tim Hunt) alle seine Posten räumen musste, nur weil er einmal einen fragwürdigen Witz erzählt (und sich umgehend dafür entschuldigt) hat.
Was versteht der DHV unter Hochschullehre?
Der Argumentation des DHV-Präsidenten ist zu entnehmen, dass der Begriff „Hochschullehrer / Hochschullehrerin“ nicht allzu wörtlich genommen werden sollte. Von den Preisträgern Şahin und Türeci wird beispielsweise gesagt, das Forscherehepaar sei „der Universitätsmedizin Mainz auch als Hochschullehrer wissenschaftlich eng verbunden“ und widme sich der Qualifikation junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. (https://www.forschung-und-lehre.de/karriere/sahin-und-tuereci-sind-hochschullehrer-des-jahres-2022-4480). „Eng verbunden“ kann indes alles Mögliche bedeuten – zum Beispiel, dass das Forscherehepaar einfach nur Einladungen zu Festveranstaltungen der Universität bekommt.
In der Begründung des DHV heißt es weiter, „Das Unternehmen Biontech ist 2008 als Ausgründung der Universitätsmedizin Mainz entstanden und wurde mit personellen und finanziellen Ressourcen der Universitätsmedizin Mainz gefördert“ (ebd.). Dies bedeutet demnach, dass die Nutzung von Steuergeldern für die Gründung eines privatwirtschaftlichen Unternehmens als preiswürdig erachtet wird. Das klingt seltsam in einer Zeit, in der die unzureichende Grundfinanzierung der universitären Forschung beklagt wird.
Ein weiteres Argument für die Preisverleihung an die Mitentwickler des mRNA-Impfstoffs lautet, der DHV verbinde mit dieser Therapie „große Hoffnungen auf bessere Krebstherapien“. Allerdings sind uns nach mehr als 10 Jahren Forschung außer „Hoffnungen“ bisher keinerlei Hinweise auf die Wirksamkeit dieser Verfahren bei Krebserkrankungen (in Human- wie Veterinärmedizin) bekannt.
Wir bestreiten nicht, dass die Idee einer mRNA-basierten Impfung an sich höchst interessant ist. Wir sind aber nicht davon überzeugt, dass diese Technologie schon jetzt auch nur annähernd als preiswürdiger Erfolg bezeichnet werden kann. Während klassische Impfstoffe eine lebenslange oder zumindest jahrelange Immunität hinterlassen, verliert der Covid-Impfstoff von Biontech seine Wirkung gegen das ursprüngliche Virus innerhalb weniger Monate, gegen mutierte Varianten sogar im Laufe von Wochen.
Sogar elementare physikalische Eigenschaften des Impfstoffes sind unbekannt: Ein in der „Berliner Zeitung“ Anfang 2022 veröffentlichter Briefwechsel zwischen dem Biontech-Vorstand und einer Gruppe von Chemie-Professoren zeigt, dass die Entwickler selbst die einfache Frage, woher eine bestimmte Färbung des Stoffes komme, nicht beantworten können (https://www.berliner-zeitung.de/gesundheit-oekologie/chemiker-an-biontech-diese-antwort-finden-wir-etwas-irritierend-li.209451). Der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens ist ausschließlich der Tatsache zu verdanken, dass wenige Monate nach dem Börsengang, den Biontech ohne ausreichendes Eigenkapital gewagt hatte, eine Pandemie ausgerufen wurde, unter deren außerordentlichen Bedingungen auch unausgereifte Impfstoffe wie Comirnaty eine bedingte Zulassung erhalten konnten.
Fazit
Die Auswahlkriterien des DHV für die Auszeichnung bleiben weiterhin intransparent. Dies gilt auch für die aktuelle Ausschreibung „Hochschullehrer/in des Jahres“ für 2023, die Ende Juni 2022 veröffentlicht wurde und keinerlei Verweis auf Exzellenz in der Lehre enthält. Aus der Position des DHV kann somit eine gewisse Prioritätensetzung herausgelesen werden: Prominenz spielt offenbar die wichtigste Rolle; fachliche Kompetenz sei sowieso nicht objektiv festzustellen, könne also ausgeklammert werden; die Qualitäten in der Lehre seien drittrangig, es reiche eine vage „Verbindung“ mit einer Hochschule (und jede Person mit einem Hochschulabschluss hat eine solche Verbindung); die moralische Integrität sei schließlich gar keine Frage, solange man nicht strafrechtlich verurteilt sei.
Diese Werteskala legt die Vermutung nahe, dass Prominente mit akademischen Titeln bessere Chancen auf den Ehrentitel „Hochschullehrer/in des Jahres” haben könnten als aktive Wissenschaftler, die regelmäßig, gewissenhaft und mit Begeisterung ihren Lehrauftrag erfüllen. Damit drängt sich jedoch die Frage auf, ob dieser dann nicht ehrlicherweise auch besser in „Wissenschaftsaktivist/in des Jahres“ umbenannt werden müsste.
Unterzeichnende
Associate Professor Dr. Jan Dochhorn
Prof. Dr. Gerald Dyker
Prof. Dr. Michael Esfeld
Prof. Dr. Frank Göttmann
Prof. em. Dr. Georg Hörmann
Prof. Dr. Boris Kotchoubey
PD Dr. Axel Bernd Kunze
Prof. Dr. Klaus Morawetz
Prof. Dr. Markus Riedenauer
Prof. Dr. Andreas Schnepf
Prof. Dr. Harald Schwaetzer
Prof. Dr. Henrieke Stahl
Prof. Dr. Wolfgang Stölzle
Prof. Dr. Tobias Unruh
Prof. Dr. Christin Werner
Unterstützende
Prof. Dr. Ole Döring
Dr. Matthias Fechner
Dr. Agnes Imhof
Prof. Dr. Klaus Kroy
Prof. Dr. Lutz Stührenberg
Prof. Dr. med. Henrik Ullrich