Anlage 4: Erfasste und unerfasste Nebenwirkungen der COVID-19-Impfstoffe

In diesem Kapitel werden Informationen aus deutschen und europäischen Datenbanken analysiert, um die Häufigkeit des Auftretens von Nebenwirkungen der COVID-19-Impfstoffe zu untersuchen, die Vollständigkeit dieser Meldungen abzuschätzen und das Nebenwirkungs­potential der COVID-19-Impfstoffe in Relation zu dem der Grippeschutzimpfung zu setzen. Außerdem werden die Krankenhaus-Falldaten Deutschlands, die das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus GmbH (InEK GmbH) veröffentlicht, auf Fälle mit Impfnebenwirkungsdia­gnosen untersucht und mit den Meldedaten für Verdachtsfälle des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) verglichen, um zu evaluieren, ob diese von Verdachtsfallmeldesystemen unabhängige Datengrundlage zur Erfassung von Nebenwirkungen sinnvoll nutzbar ist. Anhand einer bekannten Nebenwirkungserkrankung soll dann wiederum die Vollständigkeit der erfassten Nebenwirkungsmeldungen eingeschätzt werden.

In den Abschnitten 1 und 2 untersuchen wir die Meldungen der Nebenwirkungen in der Europäischen Datenbank gemeldeter Verdachtsfälle von Arzneimittelnebenwirkungen (EudraVigilance) und setzen sie ins Verhältnis zur Gesamtanzahl verabreichter Impfstoffdosen laut dem ECDC (European Centre for Disease Prevention and Control). In Abschnitt 3 vergleichen wir diese Daten mit den entsprechenden Informationen zur Grippeschutzimpfung. In Abschnitt 4 werden alle hospitalisierten Fälle Deutschlands mit der Angabe einer Impfnebenwirkung anhand der InEK-Datenbank zeitlich aufgelöst und über die Altersgruppen untersucht. In Abschnitt 5 werden die hospitalisierten Fälle mit einer Myokarditis und Perikardits in der InEK-Datenbank zeitlich aufgelöst untersucht und in Abschnitt 6 altersgruppenspezifisch und in zeitlicher Korrelation mit den Impfungen dargestellt. In Abschnitt 7 werden die Ergebnisse aus der InEK-Datenbank mit dem Sicherheitsbericht des PEI verglichen und ihr Mehrwert für das Sicherheitsmonitoring der COVID-19-Impfstoffe diskutiert.

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Auf der Basis des Vergleichs mit den Niederlanden und Island vermuten wir, dass in Deutschland mindestens 80% der Nebenwirkungen nicht gemeldet werden.

Die Häufigkeit schwerer Nebenwirkungen einer einzelnen Dosis COVID-19-Impfstoffs ist nach unserer Schätzung um einen Faktor 20 höher als bei der Grippeschutzimpfung, das einer tödlichen Nebenwirkung um einen Faktor 16.

Im Jahr 2021 sind in den Krankenhäusern Deutschlands über 22.700 Fälle mehr mit Diagnosen für Impfkomplikationen erfasst worden als 2019 und 2020, die im Jahresverlauf zeitlich korreliert mit den Impfungen verschiedener Altersgruppen auftraten und vorrangig jüngere Patienten betrafen. Knapp 2400 zusätzliche Fälle von Myo-/Perikarditis sind in Deutschlands Krankenhäusern behandelt worden, wovon über 70% unter 40 Jahre alt waren.

Der altersgruppenspezifische Anstieg der Myo-/Perikarditis-Fälle ist zeitlich eng mit den steigenden Impfzahlen assoziiert. Die Fallzahlen bleiben aber auch Wochen nach Rückgang der Anzahl der Impfungen stark erhöht.

Die erhöhten Myo-/Perikarditis-Fallzahlen in den Krankenhäusern entsprechen weitgehend der altersgruppen- und geschlechtsspezifischen Verteilung für impfinduzierte Myo-/Perikarditis-Fälle aus Datenbanken für Nebenwirkungsverdachtsfälle und zeigen, dass Krankenkassenabrechnungen eine sinnvolle Hilfe bei der Erfassung von Nebenwirkungen sein können.

Für 40% der im Jahr 2021 zusätzlich auftretenden Myo-/Perikarditis-Fälle wurde eine Diagnose für Impfnebenwirkungen gestellt, allerdings weisen sowohl die zeitliche Korrelation ihres Auftretens mit den Impfungen als auch die altersgruppenspezifische Erhöhung der Fallzahlen auf einen noch größeren Zusammenhang des Anstiegs der Myo-/Perikarditis-Fälle mit der Impfung hin. Dies stellt einen Hinweis dar, dass die Anzahl der impfinduzierten, hospitalisierungsbedürftigen Myo-/Perikarditis-Fälle zu weniger als der Hälfte als impfinduziert erkannt wurden.

1. Registrierte Nebenwirkungen und verabreichte COVID-19-Impfstoffdosen im EWR

Laut dem ECDC (European Centre for Disease Prevention and Control) wurden bis zum 15.2.2022 im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) 841.917.823 Dosen von in der EU bedingt zugelassenen Impfstoffen gegen COVID-19 verimpft (davon 72.0% Pfizer/Biontech, 17,4% Moderna, 8,2% Astrazeneca und 2,3% Johnson&Johnson).1

Zum gleichen Datum waren in der Europäischen Datenbank gemeldeter Verdachtsfälle von Arzneimittelnebenwirkungen (EudraVigilance)2 insgesamt 1.070.605 Verdachtsfälle von Nebenwirkungen einer COVID-19-Impfung registriert, von denen 233.671 als schwerwiegend (“serious”) und 9.845 als tödlich (“fatal”) eingestuft wurden.

Pfizer/Biontech Moderna Astrazeneca Johnson& Johnson Alle Impfstoffe
Verabreichte Impfdosen
606.966.663
146.673.243
68.996.932
19.280.985
841.917.823
Gemeldete Verdachtsfälle von Nebenwirkungen
Alle Fälle
616.428
161.187
252.048
42.118
1.070.605
Schwerwiegend
142.191
27.171
53.856
10.453
233.671
Tödlich
7.190
879
1.488
288
9.845
Gemeldete Verdachtsfälle pro Million verabreichter Impfdosen
Alle Fälle
1.016
1.099
3.653
2.184
1.272
Schwerwiegend
234
185
781
542
278
Tödlich
12
6
22
15
12
Anteil schwerwiegender bzw. tödlicher Nebenwirkungen an den gemeldeten Fällen
Schwerwiegend
23.1%
16.9%
21.4%
24.8%
21.8%
Tödlich
1.2%
0.5%
0.6%
0.7%
0.9%

Tabelle 1: Anzahl verabreichter Impfstoffdosen und gemeldeter Verdachtsfälle auf Nebenwirkungen aufgeschlüsselt nach Schweregrad und Hersteller.

Aus der EudraVigilance-Datenbank ergeben sich pro Million verabreichter COVID-19-Impfdosen 1.272 Verdachtsfälle auf Nebenwirkungen, davon 278 schwerwiegend und 12 tödlich.

2. Abschätzung einer Untergrenze für die Melde-Dunkelziffer aus Ländervergleich

Zur Anzahl der verabreichten Impfstoffdosen und zu gemeldeten Verdachtsfällen von Nebenwirkungen liegen in den o.g. Quellen Daten aus den einzelnen Ländern des EWR vor (allerdings nicht zur Anzahl schwerwiegender und tödlicher Fälle pro Land). Diese Daten sind in Abb. 1 graphisch dargestellt, wiederum in Form von gemeldeten Verdachtsfällen pro Million verabreichter Impfstoffdosen (im Folgenden als “NW-Inzidenz” bezeichnet). Es ist eine starke Schwankung von bis zu einem Faktor 100 der gemeldeten NW-Inzidenzen zwischen einzelnen Ländern zu beobachten. (Die vertikale Achse in Abb. 1 ist logarithmisch skaliert.) Die in Tabelle 1 errechneten Durchschnittswerte sind in Abb. 1 als gestrichelte Linien eingetragen und entsprechen ungefähr den Werten der bevölkerungsreichen Länder Deutschland und Frankreich, deren NW-Inzidenzen sich auch ungefähr im mittleren Bereich bewegen. Da es plausibel scheint, dass die Wirkung und Nebenwirkungen der Impfstoffe sich in allen Ländern ähnlich verhalten, kann angenommen werden, dass die starken Schwankungen aus unterschiedlichem Meldeverhalten resultieren.

Abb. 1: Anzahl gemeldeter Verdachtsfälle pro Million Impfdosen, aufgeschlüsselt nach EWR-Land und Hersteller. Die gestrichelten Linien stellen jeweils den in Tabelle 1 angegebenen EWR-Durchschnitt dar. Die durchgezogenen Linien zeigen die jeweiligen Mittelwerte der beiden Länder mit den höchsten gemeldeten Fallzahlen, den Niederlanden und Island.

Mit Hilfe dieser Annahme kann man eine Abschätzung der Dunkelziffer nicht gemeldeter NW-Verdachtsfälle für einzelne Länder vornehmen, wenn man die jeweils gemeldeten NW-Inzidenzen mit denen derjenigen Länder vergleicht, die die höchste NW-Inzidenz aufweisen. Bei Betrachtung aller Impfstoffe sind dies die Niederlande und Island (obwohl Dänemark und Norwegen für AstraZeneca noch höhere NW-Inzidenzen aufweisen).

Wenn man weiter annimmt, dass diese beiden Länder (deren gemittelte NW-Inzidenzen in Abb. 1 als durchgezogene Linien dargestellt sind) alle Verdachtsfälle tatsächlich an die EudraVigilance-Datenbank melden, lässt sich sowohl für den EWR-Durchschnitt als auch für Deutschland ableiten, dass nur ca. ein Fünftel aller NW-Verdachtsfälle an EudraVigilance gemeldet wird, d.h. dass mindestens 80% der Verdachtsfälle nicht gemeldet werden. Wenn man weiter annimmt, dass sich die Dunkelziffer auf alle Schweregrade von Nebenwirkungen gleichermaßen auswirkt, ist EWR-weit mit mindestens 50.000 Fällen des Verdachts tödlicher Nebenwirkungen zu rechnen. Hinzu kommt, dass auch in den Niederlanden und Island wahrscheinlich eine gewisse Untererfassung der Nebenwirkungsverdachtsfälle besteht, so dass die wahre Dunkelziffer auch für den EWR und Deutschland noch größer sein dürfte.

Der Vergleich mit den Niederlanden und Island legt nahe, dass die Gesamtzahl aller Nebenwirkungsverdachtsfälle von COVID-19-Impfungen inklusive der Dunkelziffer mindestens fünf Mal so hoch ist wie die gemeldete Anzahl, d.h. höchstens 20% werden gemeldet, mindestens 80% nicht gemeldet.

Eine hohe Dunkelziffer legen auch Patientendaten der ca. 11 Millionen Versicherten der Betriebskrankenkassen (BKK) nahe. Die Anzahl der BKK-Versicherten, die wegen Impfnebenwirkungen in den ersten siebeneinhalb Monaten des Jahres 2021 einen Arzt aufgesucht haben, ist vergleichbar mit der Zahl aller dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) gemeldeten Verdachtsfälle für die Gesamtbevölkerung für den gesamten Zeitraum der Impfkampagne3,4. Daraus ergibt sich für die Daten des PEI eine Untererfassung von ca. einem Faktor 145,6. Werden die Ergebnisse aus den BKK-Daten auf Deutschland hochgerechnet, ist davon auszugehen, dass in Deutschland ca. 3 Millionen Personen aufgrund von Nebenwirkungen der COVID-19-Impfung einen Arzt aufgesucht haben, d.h. ungefähr jede zwanzigste Person. Ein Grund für unterlassene Meldungen an das PEI könnte im zeitaufwendigen, aber für Ärzte nicht vergüteten Meldeverfahren liegen. Eine weitergehende Auswertung der BKK-Daten durch das PEI ist geplant7.

Patientenabrechnungsdaten der BKK deuten darauf hin, dass jeder zwanzigste Versicherte wegen Impfnebenwirkungen einen Arzt aufgesucht hat und dass nur jeder vierzehnte dieser Fälle (7%) an das Paul-Ehrlich-Institut gemeldet wurde.

3. Vergleich der COVID-19-Impfstoffe mit der Grippeschutzimpfung

Um die Nebenwirkungsinzidenzen der COVID-19-Impfstoffe in Relation zu anderen Impfstoffen zu setzen, bietet sich ein Vergleich mit der Grippeschutzimpfung an, da diese ebenfalls vorwiegend an Erwachsene verabreicht wird, mit dem Ziel, ältere und vulnerable Personen zu schützen. Die Zahl der gemeldeten Nebenwirkungsverdachtsfälle kann auch für die Grippeschutzimpfung der EudraVigilance-Datenbank entnommen werden. Für die folgende Betrachtung wurden Eintragungen zu drei Gruppen von Influenza-Vaccinen gewählt: “Live attenuated, nasal”, “Split virion, inactivated” und “Surface antigen, inactivated”.

Die Zahl der im EWR verabreichten Impfdosen kann auf Basis des letzten vorhandenen Berichts zur saisonalen Grippe8 abgeschätzt werden. Dieser Bericht ist vom 18.12.2018 datiert und bezieht sich auf die Saisons 2015/16 und 2016/17. In diesem Bericht (Tabelle 8 in Annex 6) sind für einen Teil der EWR-Länder die Zahl der verabreichten bzw. ersatzweise der an medizinische Dienstleister verteilten Impfstoffdosen angegeben. Die Bevölkerung der im Bericht berücksichtigten Länder umfasst ca. 30% der Gesamtbevölkerung des EWR.9,10 In Ermangelung besserer Daten kann daher die gesamte, im EWR verabreichte Anzahl Impfstoffdosen abgeschätzt werden, indem die aufgeführte Anzahl verabreichter Impfstoffdosen durch 0,3 geteilt wird.

Die Nebenwirkungsverdachtsmeldungen für die jeweilige Saison werden im Folgenden jeweils für den Zeitraum August bis Juli betrachtet, da im August typischerweise die geringste Zahl an Meldungen vorlag.

Über beide Saisons gemittelt ergeben sich 0.75 Verdachtstodesfälle pro Million verabreichter Impfstoffdosen, was um einen Faktor 16 geringer ist als für die COVID-19-Impfstoffe ermittelt. Für schwere Nebenwirkungen finden sich 14 Verdachtsfälle pro Million Impfungen, um einen Faktor 20 geringer als bei COVID-19-Impfstoffen.

Wenn hinzukommt, dass COVID-19-Impfungen mehrfach im Jahr durchgeführt werden, erhöht sich das Risiko einer Nebenwirkung pro geimpfter Person entsprechend.

Tabelle 2: Verabreichte Impfstoffdosen und gemeldete Nebenwirkungsverdachtsfälle für die Grippeschutzimpfung in den Saisons 2015/16 und 2016/17.

 

Live attenuated, nasal

Split virion, inactivated

Surface antigen, inactivated

Alle Impfstoffgruppen

Saison

15/16

16/17

15/16

16/17

15/16

16/17

2015/16

2016/17

Verabreichte Impfdosen in Berichtsländern11

      

19.694.558

20.470.605

Hochgerechnet auf gesamten EWR

      

64.668.020

67.216.207

Gemeldete Verdachtsfälle von Nebenwirkungen

Alle Fälle

215

147

849

627

585

375

1649

1149

Schwerwiegend

205

137

391

442

339

351

935

930

Tödlich

1

3

11

28

11

41

23

72

Gemeldete Verdachtsfälle pro Million verabreichter Impfdosen

Alle Fälle

      

25

17

Schwerwiegend

      

14

14

Tödlich

      

0.4

1.1

Aus europäischen Daten schätzen wir, dass das Risiko einer schweren Nebenwirkung einer einzelnen Dosis COVID-Impfstoffs gegenüber der Grippeschutzimpfung um einen Faktor 20 erhöht ist, das Risiko für eine tödliche Nebenwirkung um einen Faktor 16. Hinzu kommt ggf. das kumulierte Risiko bei einer mehrfachen Verabreichung.

Einen noch größeren Unterschied zwischen Grippeschutz- und COVID-19-Impfungen findet Montano (2022)12. Diese Studie kommt zu dem Ergebnis, dass schwere und tödliche Nebenwirkungen in Europa rund 40-50 mal häufiger für COVID-19-Impfungen gemeldet werden als für die Grippeschutzimpfung. Für die Meldungen in den USA liegt dieses Verhältnis demnach sogar in der Größenordnung von 200-300.

4. Hospitalisierte Fälle mit Impfnebenwirkungsdiagnose in Deutschland

Neben den Datenbanken über Verdachtsfälle von Nebenwirkungen kann man die Auswirkungen der Impfungen auch in den Krankenhaus-Falldaten Deutschlands untersuchen, die das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus GmbH (InEK GmbH) für alle hospitalisierten Fälle veröffentlicht13. Die hospitalisierten Fälle (ein Fall entspricht der Krankenhausaufnahme einer Person bis zur ihrer Entlassung) lassen sich nach den für sie gestellten Diagnosen (kodiert nach ICD-10 Schlüsseln) über die Jahre 2019-2021 analysieren.

Die Anzahl der hospitalisierten Fälle, bei denen eine Komplikation durch Impfstoffe als Neben- oder Hauptdiagnose (Tab. 3) angegeben ist, hat sich im Jahr 2021 im Vergleich zu den beiden Vorjahren um den Faktor 11 erhöht (von ~2.300 auf 25.000 Fälle). Bei Kindern unter 10, die im Jahr 2021 kaum gegen COVID-19 geimpft wurden, ist die Zahl an Nebenwirkungsfällen über alle drei Jahre relativ konstant (863, 891 und 934 Fälle in den Jahren 2019, 2020, 2021). Die Erhöhung ist bei allen Altersgruppen über 10 Jahren zu beobachten (Abb. 2). Bei über 10-Jährigen hat sich die Fallzahl 2021 gegenüber 2019/2020 sogar um den Faktor 17 erhöht (1.384, 1.382 und 24.075 Fälle in den Jahren 2019, 2020, 2021).

Tabelle 3: Verwendete ICD-10 Codes, deren Bezeichnung sowie ihr relativer Anteil an den Fallzahlen (summiert aus jährlichen Abfragen* aller 4 Codes gemeinsam als Haupt- und dann als Nebendiagnosen abzüglich der Fälle mit Angabe in Haupt- und Nebendiagnose (Schnittmenge); Diagnosen können mehrfach bei einem Fall auftreten).

ICD-10

Code Bezeichnung

2019

2020

2021

T88.0

Infektion nach Impfung [Immunisierung]

7%

5%

2%

T88.1

Sonstige Komplikationen nach Impfung [Immunisierung], anderenorts nicht klassifiziert

47%

53%

28%

Y59.9

Komplikationen durch Impfstoffe oder biologisch aktive Substanzen

48%

46%

13%

U12.9

Unerwünschte Nebenwirkungen bei der Anwendung von COVID-19-Impfstoffen, nicht näher bezeichnet

62%

 

Anzahl Fälle

2.247

2.273

25.009

 

davon mit Intensiv-Aufenthalt

283

336

2.776

 

davon im Krankenhaus verstorben

19

31

279

* Fälle einer Datenlieferung mit Aufnahme im Vorjahr wurden im dem entsprechenden Zeitraum im Vorjahr zugerechnet um eine korrekte Aufnahmestatistik zu erhalten.

Die Fallzahlen verlaufen zeitlich sehr genau parallel zu der Anzahl der verabreichten Dosen von COVID-19-Vakzinen, mit Ausnahme der überproportional erhöhten Fallzahlen von Frauen in KW 10-14, die sich auch in der Altersgruppe der 18-59-Jährigen wiederfinden und somit auf Mitarbeiterinnen im Gesundheitswesen als Betroffene hinweisen könnte (Abb. 2). Zu Beginn des Jahres steigen die weiblichen Fallzahlen generell stärker als die männlichen, was mit der Impfpriorisierung zusammenhängen könnte, wodurch zunächst vorrangig von Frauen dominierte Alters- und Berufsgruppen geimpft wurden.

Der Verlauf der Impfkampagne lässt sich auch über die Altersgruppen erkennen. Der Anstieg der Fälle bei über 80-Jährigen geht dem bei Personen zwischen 60 und 80 Jahren voraus und dieser dem Hauptanstieg in der Altersgruppe 18-59. Über alle Altersgruppen bestätigt sich, dass sich im Verlauf des Jahres 2021 die Maximalwerte der hospitalisierten Fälle mit Impfnebenwirkung stufenweise von den ältesten über die mittleren zu den jungen Altersgruppen verschieben (Abb. 2, heatmap).

Abb. 2: Anzahl von hospitalisierten Fällen mit Impfkomplikationen/-nebenwirkungen (ICD-10: T88.0, T88.1, Y59.9, U12.9 in Neben- oder Hauptdiagnose) in der InEK Datenbank7 über die Kalenderwochen der Jahre 2019-2021 (oben heatmap mit altersgruppenspezifischer Skalierung). Fälle einer Datenlieferung mit Aufnahme im Vorjahr wurden im dem entsprechenden Zeitraum im Vorjahr zugerechnet um eine korrekte Aufnahmestatistik zu erhalten. Untere Diagramme mit den Fallzahlen pro Woche des Jahres 2021 als Linie unterschieden nach Geschlecht (links) bzw. in fünf Altersgruppen (rechts) und hinterlegt mit gestapelten Flächen für die verimpften Dosen der vier COVID-19 Vakzine14 bzw. die verabreichten Dosen pro Altersgruppe15.

Im Jahr 2021 sind in den Krankenhäusern Deutschlands gemäß der Krankenkassenab-rechnungen (InEK Datenbank) gegenüber 2019/2020 über 22.700 Fälle mehr mit Impf-komplikationsdiagnosen erfasst worden, und diese nehmen über die Altersgruppen im Jahresverlauf 2021 von älteren nach jüngeren Patienten zu (entsprechend der Impfpriorisierung der COVID-19-Impfkampange). Über 60% der hospitalisierten Fälle mit Impfnebenwirkungsmeldungen sind unter 60 Jahre alt.

Die Fälle der InEK-Datenbank lassen sich nur bedingt mit den beim Paul-Ehrlich-Institut (PEI) gemeldeten Verdachtsfällen für Impfnebenwirkungen der COVID-19 Impfstoffe vergleichen, zum einen, da es sich ausschließlich um hospitalisierte Fälle handelt, und zum anderen werden Personen, die mehrfach in einem Jahr in einem Krankenhaus aufgenommen werden oder in ein anderes Krankenhaus verlegt werden, mehrfach als Fall erfasst. Dennoch zeigt ein solcher Vergleich, dass die im Jahr 2021 zusätzlich registrierten Hospitalisierungsfälle mit Diagnosen für Impfkomplikationen ca. 87% der beim PEI gemeldeten Verdachtsfällen mit schwerwiegenden Impfnebenwirkungen der COVID-19 Impfstoffe entspricht16. Dies deutet für schwerwiegende Fälle eine relativ gute Erfassung an, aber es bleibt zu bedenken, dass es eher unwahrscheinlich ist, dass alle in der InEK Datenbank erfassten Fälle auch beim PEI gemeldet wurden und auch dass für alle Verdachtsfälle auch eine Krankenhausaufnahme erfolgt und mit einer Diagnose für Impfnebenwirkungen in den Abrechnungen für die Krankenkassen angegeben ist. Aus der Kombination hospitalisierter und ambulanter Falldaten wäre eine bessere Abschätzung der Erfassungsrate möglich. Für ambulante Fälle sind keine Daten öffentlich zugänglich, aber Daten der BKK (s.o. Abschnitt 2.) legen nahe, dass gerade in diesem Bereich mit einer erheblichen Untererfassung der Verdachtsfälle beim PEI zu rechnen ist.

Auch in den Daten der InEK-Datenbank kann eine Dunkelziffer an hospitalisierten Fällen vermutet werden, bei denen eine Impfnebenwirkung nicht diagnostiziert wurde. So ist es wahrscheinlich, dass viele Ärzte, wie das PEI in seinem Sicherheitsberichten darlegt, nur dann von einem ursächlichen Zusammenhang zwischen einer Symptomatik und der Impfung ausgehen, wenn sie in einem zeitlich engen Zusammenhang mit der Impfung auftritt. In dieser Hinsicht kann eine Betrachtung der Gesamtfallzahlen für bestimmte Diagnosen, die im Verdacht stehen mit den COVID-19-Impfungen in Zusammenhang zu stehen, Aufschluss geben, wie wir das im Folgenden am Beispiel der Myo- und Perikarditis tun.

5. Hospitalisierte Fälle mit der Hauptdiagnose Myokarditis und Perikarditis in Deutschland

Eine der bekanntesten Nebenwirkungen der mRNA-Impfstoffe gegen COVID-19 ist das Auftreten von Myokarditis und Perikarditis, die vor allem jüngere Altersgruppen und männliche Impflinge betreffen. Diese Herzerkrankungen können langfristige Schäden hinterlassen (Muskelfasern regenerieren nicht) und zum Tod führen (auch nach längerer Zeit). Von den beim PEI registrierten Verdachtsfällen einer impfbedingten Myo-/Perikarditis im Jahr 2021 sind entsprechend des Sicherheitsberichts vom 7.2.2022 nur 14% als „wiederhergestellt“ gemeldet (Abb. 3).

Abb. 3: Ausgang der gemeldeten Fälle einer Myo-/Perikarditis nach COVID-19-Impfstoff-Gabe Quelle: PEI Sicherheitsbericht vom 07.02.2022 über Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach Impfung zum Schutz vor COVID-19 seit Beginn der Impfkampagne.

Im Folgenden werden die in der InEK-Datenbank gemeldeten Fallzahlen mit einer Hauptdiagnose für eine akute Myokardits und Perikarditis betrachtet, wobei alle Diagnosen einbezogen sind, die nicht im Zusammenhang mit chronischen Erkrankungen, Rheuma oder Infektionen stehen. Die Anzahl der hospitalisierten Fälle mit solchen Hauptdiagnosen (ICD-10: I30.0, I30.8, I30.9, I40.1, I40.8, I40.9, I51.4) ist im Jahr 2021 im Vergleich zum Jahr 2020 um ca. 40% angestiegen (von 5528 auf über 7700). Dieser Anstieg vollzieht sich vor allem in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2021 und betrifft ähnlich dem Anstieg der Fälle mit Impfkomplikationen ebenfalls im Jahresverlauf zunehmend jüngere Altersgruppen wie eine Auflösung über die Kalenderwochen zeigt (s.u. Abb. 4). Myokarditis und Perikarditis können auch als Auswirkung einer COVID-19-Erkrankung auftreten, jedoch steigen die hospitalisierten Fälle mit einer Myo-/Perikarditis-Hauptdiagnose in einem Zeitraum (Sommer 2021) an, in dem die SARS-Cov2 Inzidenz extrem niedrig war (Vergleich der Heatmaps in Abb. 4).

Abb. 4: Wöchentliche Fallzahl mit akuter Myo-/Perikarditis (Hauptdiagnosen I30.0, I30.8, I30.9, I40.1, I40.8, I40.9, I51.4) in der InEK Datenbank13 für die zweite Jahreshälfte 2020 und bis Kalenderwoche 51 des Jahres 2021. Oben: Heatmap über die Fallzahlen in verschiedenen Altersgruppen (Farbverlauf Minimum bis Maximum pro Altersgruppe) und darunter die Heatmap der SARS-Cov2 Inzidenz über verschiedene Altersgruppen aus den RKI Wochenberichten17. Unten: Gleitender 3-Wochen-Durchschnitt der Myo-/Perikarditis Fallzahlen (rot) und davon die Fälle, die auf SARS-Cov2 untersucht (blau, U99.0 in der Nebendiagnose) und bei denen das Virus nachgewiesen wurde (violett, ICD-10: U07.1 in der Nebendiagnose). Außerdem sind die Myo-/Perikarditis Fälle mit Angabe einer Impfnebenwirkung (gelb, ICD-10: U12.9, T88.1, Y59.9 in der Nebendiagnose) ebenfalls als gleitender 3-Wochen-Durchschnitt und die Anzahl der verabreichten Impfdosen15 entsprechend der rechten Achse dargestellt (grau-schattiert). Der Anteil der Myo-/Perikarditis-Fälle, der über dem wöchentlichen Durchschnitt in 2020 liegt (geschätzte zusätzliche Fälle), ist rot und zum Vergleich der Anteil, der bei dem eine Impfnebenwirkung angegeben ist, gelb schattiert (mit den entsprechenden Gesamtzahlen über alle Wochen).

Außerdem wurde bei nur 0,4% der Fälle SARS-CoV-2 nachgewiesen, obwohl mind. 92% der Fälle auf das Virus untersucht wurden (violette und blaue Linie als Anteil der Gesamtfallzahlen pro Woche dargestellt in der roten Linie). Der Anstieg der Myo-/Perikarditis-Fälle fällt in die Kalenderwochen, in denen die meisten Impfdosen gegen COVID-19 (grau schattierte Fläche) verabreicht wurden. Gleichzeitig mit dem Anstieg der Fallzahlen ist für einen zunehmenden Anteil der Fälle eine Nebendiagnose für Impfnebenwirkungen gestellt (gelbe Kurve, ab Kalenderwoche 18 durchschnittlich jeder 6. Fall).

Der Anteil an Myo-/Perikarditis-Fällen mit Impfnebenwirkungsdiagnose (988) entspricht ca. 40% der im Vergleich zu 2020 zusätzlich auftretenden Fälle (2390, Vergleich der gelb und rot schattierten Fläche in Abb. 4) und läuft relativ parallel zu den Fallzahlen und steigt wie diese zum Jahresende wieder an, was mit dem erneuten Anstieg der Impfungen (Booster) zusammenfällt. Dieser Anteil ist in den Kalenderwochen 21 bis 32 mit über 60% besonders hoch und fällt danach ab; in den Kalenderwochen 40 bis 47 liegt er unter 30%. Dies ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass eine Impfnebenwirkung vor allem dann in Betracht gezogen wird, wenn die Myo-/Perikarditis in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung auftritt.

Im Jahr 2021 sind in den Krankenhäusern Deutschlands knapp 2400 zusätzliche Fälle von Myo-/Perikarditis (nur Hauptdiagnose) behandelt worden, davon über 70% bei unter 40‑Jährigen. Für 40% der zusätzlichen Myo-/Perikarditis-Fälle wurde eine Impfnebenwirkung in der Nebendiagnose angegeben.

Der Anstieg der Myo-/Perikarditis-Fallzahlen ist in Relation zum Anstieg der Impfungen um Wochen verzögert, was der Annahme widersprechen könnte, dass die Impfungen nur in engem zeitlichen Zusammenhang Myo-/Perikarditis auslösen würden. Andererseits könnte es auch daran liegen, dass die Myo-/Perikarditis-Fallzahlen vor allem in jüngeren Altersgruppen auftreten, die ja später geimpft wurden, weswegen man einen Zusammenhang zwischen den Impfungen und dem Anstieg der Myo-/Perikarditis-Fallzahlen altersgruppenspezifisch untersuchen sollte.

6. Altersgruppenspezifische Myo-/Perikarditis-Fallzahlen über das Jahr 2021

Eine altersgruppenspezifische Untersuchung ist nur in begrenztem Maße möglich, da zeitlich aufgelöste Daten für die Impfungen nur für 4 grobe Altersgruppen öffentlich zugänglich sind, wobei die Gruppe der 5-11-Jährigen im Jahr 2021 noch fast gar nicht geimpft wurde. Die am besten aufgelösten Altersgruppen sind die unter 18 Jahren. Bei den 10-17-Jährigen zeigt sich dann auch die größte Parallelität im Anstieg der Zahl der Impfungen und der Zahl an Myo-/Perikarditis-Fälle (Abb. 5).

Für die Zahl der Impfungen bei Erwachsenen ist über den Jahresverlauf lediglich eine Unterscheidung in unter (>50% der Bevölkerung) und über 60-Jährige verfügbar. Diese großen Altersgruppen sind sowohl in Bezug auf das Auftreten einer Myo-/Perikarditis als auf die Zeiträume, in denen sie hauptsächlich geimpft wurden, sehr heterogen. Dennoch folgt der Anstieg der Myo-/Perikarditis-Fälle bei den 18-59-Jährigen der Zahl der Impfungen in dieser Altersgruppe mit nur ca. 2 Wochen Verzögerung (Abb. 5). Lediglich bei den stark schwankenden Fallzahlen der über 60-Jährigen ist eine solche Parallelität nicht erkennbar.

Abb. 5: Altersgruppenspezifische Anzahl von Fällen mit akuter Myo-/Perikarditis als Hauptdiagnose (ICD-10: I30.0, I30.8, I30.9, I40.1, I40.8, I40.9, I51.4) in der InEK Datenbank13 über die Kalenderwochen der zweiten Jahreshälfte 2020 und des Jahres 2021 und dazu die Anzahl der Impfungen in den relevanten Altersgruppen14. Die Linien stellen den gleitenden Mittelwert über 3 Wochen über die Myo-/Perikarditis Fälle pro Woche (rote Punkte) bzw. über die Impfungen pro Woche (graue Punkte) dar.

Der altersgruppenspezifische Anstieg der Myo-/Perikarditis-Fälle ist zeitlich eng mit den steigenden Impfzahlen assoziiert. Die Fallzahlen bleiben aber auch Wochen nach Rückgang der Anzahl der Impfungen stark erhöht.

7. Vergleich der InEK Daten mit Meldedatenbanken für Myo-/Perikarditis-Verdachtsfälle

Die anhand der Hauptdiagnosen für Myo-/Perikardits ermittelten Fallzahlen (aus der InEK Datenbank) in deutschen Krankenhäusern spiegeln die Verdachtsfallzahlen des PEI für diese bekannte Impfnebenwirkung sehr gut wider16. Die knapp 1000 Myo-/Perikarditis-Fälle mit einer Diagnose für Impfnebenwirkungen entsprechen ca. 2/3 der ca. 1550 Myo-/Perikarditis-Verdachtsfälle, die beim PEI für Impfnebenwirkungen der mRNA-basierten COVID-19 Impfstoffe gemeldet sind, was auf eine relativ große Schnittmenge hindeutet.

Allerdings entsprechen die Myo-/Perikarditis-Fälle mit Diagnose für Impfnebenwirkungen nur ca. 40% der Fälle, die im Vergleich zu 2020 zusätzlich in der InEK Datenbank zu finden sind. Dass das ‚Auftauchen‘ dieser zusätzlichen Fälle mit den Impfungen in den Altersgruppen zeitlich zusammenfällt, ist in Abschnitt 6 dargestellt. Dass ein kausaler Zusammenhang hier wahrscheinlich ist, zeigt sich auch, wenn man die zusätzlichen Fallzahlen für Myo-/Perikarditis nach Altersgruppen stratifiziert berechnet (in jeder Altersgruppe wird der wöchentliche Mittelwert der Fallzahlen in 2020 von denen in den Wochen 2021 auftretenden Myo-/Perikarditis-Fällen abgezogen) und sich die Altersverteilung der zusätzlichen Fälle anschaut. Die Altersverteilung von allen Fällen zusammen genommen unterscheidet sich im Jahr 2020 und auch im Jahr 2021 erheblich von der Altersverteilung der beim PEI gemeldeten Verdachtsfälle, wo der Anteil der unter 30-Jährigen 45 % (36 % + 9 %) der Fälle ausmacht (Tabelle 4). Ganz anders die Altersverteilung der in 2021 zusätzlich auftretende Fälle: diese stimmt recht genau mit der Altersverteilung der beim PEI gemeldeten Fälle überein).

Tabelle 4: Altersgruppenspezifische Anteile der Myo-/Perikarditis-Fälle in der InEK Datenbank13 in den Jahren 2020 & 2021 (ICD-10: I30.0, I30.8, I30.9, I40.1, I40.8, I40.9, I51.4), der beim PEI816 als Verdachtsfälle und der im Jahr 2021 in der InEK Datenbank zusätzlich aufgetretenen Fälle (berechnet für jede KW pro Altersgruppe, indem von den gemeldeten Fallzahlen der Wochendurchschnitt im Jahr 2020 abgezogen wurde und dann für das Jahr 2021 zusammengenommen).

Altersgruppe

2020 InEK

2021 InEK

PEI Versdachtsfälle

2021 zusätzliche Fälle

10-17 J.*

4%

7%

9%

12%

18-29 J.

21%

27%

36%

41%

30-39 J.

16%

16%

18%

18%

40-49 J.

13%

11%

11%

9%

50-59 J.

17%

14%

12%

7%

60-79 J.

23%

20%

8%

10%

80+ J.

6%

5%

1%

2%

Zur Verdeutlichung nimmt die Rotschattierung der Zellen in der Intensität mit der Höhe der prozentualen Werte (von der Gesamtzahl über alle Altersgruppen) zu. J. = Jahre

* Für die beim PEI gemeldeten Verdachtsfälle ist nur die Altersgruppe 12-17 Jahre verfügbar.

Die altersgruppenspezifische Berechnung der in 2021 gegenüber 2020 zusätzlich zu beobachtenden Fälle zeigt für die jüngeren Altersgruppen sogar noch höhere Anteile auf als die beim PEI gemeldeten Verdachtsfälle. Dass dies möglicherweise auf eine Untererfassung in den jüngeren Altersgruppen hinweisen könnte, zeigt ein Vergleich mit den bei der US-amerikanischen Datenbank VAERS gemeldeten Myo-/Perikarditis-Verdachtsfälle18. Entsprechend einer aktuellen Studie zu diesen Daten waren sogar 73% der Verdachtsfälle unter 30 und 33% unter 21 Jahre alt.

Auch bei einer geschlechtsspezifischen Betrachtung der Fallzahlen liegt der Anteil männlicher Fälle mit 77% der zusätzlichen Myo-/Perikarditis-Fälle über dem Anteil der knapp 70% männlicher Verdachtsfälle, die beim PEI gemeldet sind, wobei die in der VAERS Datenbank gemeldeten Fälle sogar zu 82% männlich sind14.

Die Vergleiche der InEK Daten für die bekannte Nebenwirkung Myo-/Perikarditis mit Datenbanken für Nebenwirkungs-Verdachtsfälle zeigen, dass die Datenbanken der Krankenkassen anhand der gestellten Diagnosen zuverlässig Nebenwirkungen abbilden können. Sie könnten auch ein hilfreiches Mittel sein, um Sicherheitssignale zu detektieren und so auch weniger bekannte Nebenwirkungen der aufgrund der schnellen Zulassung nur kurzfristig auf Nebenwirkungen untersuchten COVID-19 Impfstoffe aufzudecken.

Die erhöhten Myo-/Perikarditis-Fallzahlen in den Krankenhäusern entsprechen weitgehend der altersgruppen- und geschlechtsspezifischen Verteilung für impfinduzierte Myo-/Perikarditis Fälle aus Datenbanken für Nebenwirkungsverdachtsfälle. Dies zeigt, dass Krankenkassenabrechnungen eine sinnvolle Hilfe bei der Erfassung von Nebenwirkungen sein können, die von den Meldesystemen unabhängig genutzt werden können.

Aber auch hinsichtlich der bekannten Nebenwirkung einer Myo-/Perikarditis nach COVID-19-Impfung können die Daten helfen, mögliche Untererfassungen von Nebenwirkungen aufzudecken. So ist beispielsweise in den InEK-Daten generell auffällig, dass die Myo-/Perikarditis-Fallzahlen nach dem Absinken der Anzahl an Impfungen nur langsam wieder sinken und stets deutlich über den Fallzahlen vor der Impfung bleiben. Dies fällt bereits bei den Gesamtzahlen auf (Abb. 5), aber wie in Abschnitt 6 bereits dargelegt, sollte der zeitliche Zusammenhang zwischen Impfungen und den Fallzahlen möglichst altersgruppenspezifisch sein. In den Wochen nach dem ‚Impfpeak‘ in der entsprechenden Altersgruppe sind die Fallzahlen 2021 bei den 10-17-Jährigen weiterhin um über 300% (Abb. 5, KW 40-46) und bei den 18-39-Jährigen um über 200% erhöht (KW 39-45) und bei den weniger stark betroffenen 40-59-Jährigen noch ~30% erhöht (KW39-45).

Diese langanhaltende Erhöhung der Myo-/Perikarditis-Fallzahlen erhärtet den Verdacht, dass die Erkrankungssymptomatik, entgegen der im PEI-Sicherheitsbericht geäußerten Erwartung, auch erst Wochen nach der Impfung auftreten kann.

In diesem Zusammenhang ist es interessant, dass eine aktuelle Studie Impf-mRNA und Spike-Protein bis zu 6 Wochen nach der Impfung in Immunzellen der Lymphknoten nachweisen konnte19.

Im PEI-Sicherheitsbericht14 wird ein Zusammenhang zwischen Impfung und Myo-/Perikarditis-Fällen, die erst wenige Wochen danach auftreten, als fraglich bezeichnet und darauf hingewiesen, dass bei der Hälfte der gemeldeten Verdachtsfälle für Myo-/Perikarditis als Impfnebenwirkung das Zeitintervall von Impfung bis zur Reaktion unter 5 Tagen liegt. Da in den Krankenhäusern aber auch viele Wochen nach den Impfungen überdurchschnittlich mehr Myo-/Perikarditis-Fälle aufgetreten sind, ist es wahrscheinlich, dass gerade bei längeren Zeitabständen nach der Impfung eine höhere Untererfassung, selbst bei dieser bekannten Nebenwirkung der Impfungen, vorliegt, eben weil ein Zusammenhang mit der Impfung dann seltener in Betracht gezogen wird.

Für 40% der zusätzlichen Myo-/Perikarditis-Fälle wurde eine Impfnebenwirkungsdiag-nose gestellt, allerdings weisen sowohl die zeitliche Korrelation mit den Impfungen als auch die altersgruppenspezifische Erhöhung der Fallzahlen auf einen noch größeren Zusammenhang des Anstiegs der Myo-/Perikarditis-Fälle mit der Impfung hin. Dies deutet darauf hin, dass die Anzahl der impfinduzierten, hospitalisierungsbedürftigen Myo-/Perikarditis-Fälle zu weniger als der Hälfte als impfinduziert erkannt wurden.

Die hier ausgewerteten Daten beziehen sich auf Fälle, in denen Myokardits und Perikarditis als Hauptdiagnose angegeben wurden. Es ist festzuhalten, dass sich für dieselben Diagnosen noch knapp 4500 Fälle im Jahr 2021 in der InEK Datenbank finden lassen, in denen diese ausschließlich als Nebendiagnosen geführt sind (wobei Nebendiagnose nicht weniger relevant sind als Hauptdiagnosen).

Außerdem sind 2021 im Jahresvergleich zu 2019 und 2020 auch diverse andere Diagnosen für Herzerkrankungen wie z.B. verschiedene Herzinsuffizienzen erhöht. Diese Daten sollten ebenfalls auf mögliche Zusammenhänge mit den Impfungen untersucht werden. Da die InEK-Datenbank nur hospitalisierte Fälle enthält, sollte das PEI auch Datenbanken mit ambulanten Fällen für eine umfassende Aufklärung möglicher Sicherheitsrisiken der so umfassend verimpf­ten COVID-19 Impfstoffe hinzuziehen, wie auch das Beispiel der kürzlich veröffentlichten Daten zu Impfnebenwirkungsdiagnosen in der Datenbank der BKK zeigt (s.o. Abschnitt 2).

(Aus der AG Statistik)

11 Denmark, Estonia, Finland, Hungary, Iceland, Ireland, Italy, Latvia, Lithuania, Luxemburg, Malta, Netherlands, Norway, Portugal, Romania, Slovakia, Slovenia, UK-Scotland

12 Montano (2022), Frontiers in Public Health, https://doi.org/10.3389/fpubh.2021.756633

13 https://datenbrowser.inek.org/ (Daten für 2021 sind bis Mai 2022 nur aus einer unterjährigen Datenlieferung verfügbar und damit noch unvollständig, v.a. am Jahresende.)

19 Röltgen et al. (2022). Immune imprinting, breadth of variant recognition, and germinal center response in human SARS-CoV-2 infection and vaccination. DOI: https://doi.org/10.1016/j.cell.2022.01.018