Anlage 3: Intensivbetten (ICU) Belegung, Kapazität und Auslastung in Deutschland

Die Zeitreihen des DIVI Registers am RKI werden ausgewertet und der zeitliche Verlauf der Belegung der Intensivbetten dargestellt. Die mittlere Belastung der Intensivbetten mit COVID-Patienten betrug 9,5% mit einer maximalen Spitzenbelastung von 16,1% im Dezember 2021. Durch lokale Engpässe wurden in den letzten 2 Jahren insgesamt nur 115 Patienten über das Kleeblattsystem in andere Bundesländer verlegt.

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1. Zeitreihen

Die folgende Zusammenstellung ist den Zeitreihen des DIVI-Intensivregister1 des Robert Koch-Instituts entnommen. Der zeitliche Verlauf der Intensivbettenbelegung zeigt folgendes Bild:

Die Auslastung ohne Notfallreserve lag bis zum 26. Oktober 2020 deutlich unter 75%. Seit der Einführung der Entlastungszahlungen im Rahmen des Krankenhausentlastungsgesetzes wurde die gemeldete Bettenzahl so reduziert, dass durchweg die 75%-Grenze überschritten wurde. Die Reduktion innerhalb der letzten 2 Jahre betrug 29,3%, wie in der Tabelle ersichtlich:

Intensivbettenkapazität
durchschnittliche Auslastung 20.3.2020 – 2.3.2022
79% ( 59% mit Reserve )
Kapazität am 1.05.2020
31.140
Kapazität am 1.05.2021
23.726
Kapazität am 2.03.2022
22.002
abgebaute Bettenkapazität 1.5.2020-1.5.2021
7.414 ( 23,8% )
abgebaute Bettenkapazität 1.5.2020-2.3.2022
9.138 ( 29,3 % )

Im Jahresmittel vom 20.3.2020-2.3.2022 betrug die COVID19-Belegung 11,6% (9,5% der Gesamtbetten, 7,0% mit Notfallreserve) und erreichte die höchste Auslastung am 9.12.2021 mit 24,6% der belegten Betten oder 16,1% der Gesamtbetten. Im gesamten Zeitraum waren trotz Bettenreduzierung 21,1% der Intensivbetten frei. Hätte die Bettenzahl mit dem Stand 1.5.2020 gehalten werden können, läge die mittlere Auslastung nur bei 62,0% und damit unter der wirtschaftlich erforderlichen Auslastung von ca. 80%. Wirtschaftliche Aspekte scheinen hier ein entscheidender Faktor zu sein.

Die Gesamtbelegung blieb im gesamten Zeitraum nahezu konstant und zeigte keinerlei Reaktion auf die wellenförmig auftretenden Belastungen durch COVID-19-Patienten. Es entsteht der Eindruck, dass die COVID-19-Intensivpatienten ein normaler Anteil der ICU-Belegung sind.

Das steht scheinbar im Widerspruch zu den dramatischen Meldungen2, dass z.B. in München dringende Operationen abgesagt werden mussten, da die Kapazitäten für Corona-Patien­ten gebunden waren, oder dass die Zahl der Operationen an der Universitätsklinik Leipzig um mehr als 30 Prozent verringert worden ist.3 Zum einen konnten viele Kliniken ihre Intensivkapazitäten aufgrund eines Mangels an Pflegepersonal nicht vollumfänglich betreiben, u.a. wegen Kündigungen, Arbeitszeitverkürzungen und internen Stellenwechseln. Zum anderen wurden diese lokalen Engpässe an einzelnen Kliniken durch Verlegung der länderübergreifenden Steuerungsgruppe, des so genannten Kleeblattsystems zur Patientenverteilung bei regionaler Überlastung, behoben4. So zählte der zuständige Single Point of Contact (SPoC) bereits bis Mitte Januar 2021 insgesamt 41 Verlegungen in andere Kleeblätter. Innerhalb des Kleeblatts Ost gab es bis dahin mehr als 73 Verlegungen im Rahmen des Konzepts, teilte ein Sprecher des Ministeriums für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt in Magdeburg auf Anfrage mit. Dort ist der SPoC angesiedelt. Über die 41 Fälle hinaus seien innerhalb der fünf Länder rund 200 andere Verlegungen durchgeführt worden, allerdings ohne Beteiligung der Kleeblatt-Strukturen. Diese Größenordnung, so der Sprecher weiter, entspreche im Wesentlichen dem, was auch vor der Corona-Pandemie üblich war. Weitere kleeblattübergreifende Verlegungen habe es bundesweit bis dahin nicht gegeben.5

Insgesamt sind bisher über das Kleeblattsystem bundesweit 115 Patienten verlegt worden. Hiervon 49 aus Bayern (Kleeblattbereich Süd) und 66 aus dem Kleeblattbereich Ost, davon 33 aus Sachsen, 30 aus Thüringen und 3 aus Brandenburg. Das teilte das Strategische Steuerungsgremium „Kleeblatt“ mit. Mitglieder sind Vertreter der SPoCs, des Arbeitskreises V der Innenministerkonferenz, des Bundesgesundheitsministeriums, des Bundesinnenministeriums, des Bundesministeriums der Verteidigung, des BBK, der Fachgruppe COVRIIN und der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesgesundheitsbehörden. Aktuell sind keine weiteren Verlegungen angemeldet.6

Fazit: Trotz lokaler Engpässe kann aus den Daten zu keiner Zeit eine Überlastung der deutschen Krankenhäuser abgelesen werden. Dies deckt sich mit der früheren Einschätzung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 30.4.2021.7

(Aus der AG Statistik)

2 SZ, 26.11.2021: Notstand in den Kliniken erreicht historische Dimension
3 Badische Neueste Nachrichten, 13. Nov. 2021: Kliniken bereiten Patientenverlegungen vor
4 Tagesschau 24.11.2011: Länder bereiten Verlegung von Patienten vor
7 Analysen zum Leistungsgeschehen der Krankenhäuser und zur Ausgleichspauschale in der Corona-Krise. Ergebnisse für den Zeitraum Januar bis Dezember 2020. Im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/presse/pressemitteilungen/2021/2-quartal/corona-gutachten‌-beirat-bmg.html